Als Google-Finanzchef Patrick Pichette sagte, dass der Tech-Gigant Internetverbindungen mit 10 Gigabit pro Sekunde in amerikanische Haushalte bringen könnte, schien das wie Science-Fiction. Das ist etwa 1.000 Mal schneller als die heutigen Hausanschlüsse. Aber für die NASA ist es geradezu langsam.
Während der Rest von uns Daten über das öffentliche Internet sendet, verwendet die Weltraumbehörde ein Schattendaten-Netzwerk namens ESnet, kurz für Energy Science Network, eine Reihe privater Leitungen, die landesweite Datenübertragungen von 91 Gigabit pro Sekunde demonstriert haben – die schnellsten ihrer Art, die je gemeldet wurden.
Die NASA wird diese Geschwindigkeiten nicht in die Haushalte bringen, aber sie nutzt diese superschnelle Netzwerktechnologie, um die nächste Welle von Computeranwendungen zu erforschen. Das ESnet, das vom US-Energieministerium betrieben wird, ist ein wichtiges Instrument für Forscher, die mit riesigen Datenmengen arbeiten, die bei Projekten wie dem Large Hadron Collider und dem Human Genome Project anfallen. Anstatt Festplatten mit der Post hin- und herzuschicken, können sie Daten über das ultraschnelle Netz austauschen. „Unsere Vision für die Welt ist, dass wissenschaftliche Entdeckungen nicht durch geografische Gegebenheiten eingeschränkt werden sollten“, sagt ESnet-Direktor Gregory Bell.
Indem ESnet sein Netzwerk so schnell wie möglich macht, testen Forscher und Organisationen wie die NASA Netzwerktechnologien, die schließlich ihren Weg ins kommerzielle Internet finden könnten. Kurz gesagt, ESnet ist ein Fenster zu dem, wie unsere Computerwelt einmal aussehen wird.
Das andere Netz
Das erste landesweite Computerforschungsnetz war das ARPAnet des Verteidigungsministeriums, aus dem sich das moderne Internet entwickelte. Aber es war nicht das letzte Netz dieser Art. Im Jahr 1976 förderte das Energieministerium die Einrichtung des Magnetic Fusion Energy Network, um das heutige National Energy Research Scientific Computing Center mit anderen Forschungslabors zu verbinden. Ein zweites Netzwerk, das High Energy Physics Network, wurde 1980 eingerichtet, um die Teilchenphysik-Forscher in den nationalen Labors miteinander zu verbinden. Als die Vernetzung immer wichtiger wurde, erkannten die Leiter der Behörde, dass es keinen Sinn machte, mehrere Netze zu unterhalten, und legten die beiden zu einem zusammen: ESnet.
Die Art des Netzes ändert sich im Laufe der Zeit. In den Anfängen lief es über Landleitungen und Satellitenverbindungen. Heute nutzt es Glasfaserleitungen, die die 17 nationalen Laboratorien des DOE und viele andere Standorte, wie z. B. Universitätsforschungslabore, miteinander verbinden. Seit 2010 mieten ESnet und Internet2 – ein gemeinnütziges internationales Netzwerk, das 1995 nach der Kommerzialisierung des Internets für Forscher aufgebaut wurde – „Dark Fiber“, die überschüssige Netzwerkkapazität, die von kommerziellen Internetanbietern während der Internetblase Ende der 1990er Jahre aufgebaut wurde.
Eine Internet-Überholspur
Im November hat das High End Computer Networking Team der NASA mit Hilfe dieses Netzwerks die 91-Gigabit-Übertragung zwischen Denver und dem NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt, Maryland, erreicht. Dies war die schnellste End-to-End-Datenübertragung, die jemals unter „realen“ Bedingungen durchgeführt wurde.
ESnet ist schon seit langem in der Lage, 100 Gigabit zu übertragen, zumindest theoretisch. Netzwerkausrüster bieten seit 2010 100-Gigabit-Switches an. Doch in der Praxis waren die Übertragungen über große Entfernungen viel langsamer. Das liegt daran, dass die Daten im Internet nicht in einer geraden Linie übertragen werden. Es ist weniger wie eine Autobahn, sondern eher wie ein Autobahnsystem. Wenn Sie von San Francisco nach New York fahren wollten, würden Sie auf dem Weg mehrere Städte durchqueren, wenn Sie zwischen verschiedenen Autobahnabschnitten wechseln. Um eine Datei über das Internet – oder über ESnet – von San Francisco nach New York zu senden, fließen die Daten durch Hardware, die in Städten im ganzen Land untergebracht ist.
Die NASA hat im Jahr 2012 eine 98-Gigabit-Übertragung zwischen Goddard und der University of Utah über ESnet durchgeführt. Und Alcatel-Lucent und BT übertrafen diesen Rekord Anfang dieses Jahres mit einer 1,4-Terabit-Verbindung zwischen London und Ipswich. In beiden Fällen bestand jedoch eine Direktverbindung zwischen den beiden Standorten, was in der realen Welt nur selten vorkommt.
Im Internet und im ESnet kann es bei jedem Zwischenstopp zu einem Engpass kommen, und jedes Gerät muss für volle 100-Gigabit-Geschwindigkeiten gerüstet sein. Im November gelang es dem Team schließlich, dies zu erreichen. „Bei dieser Demonstration ging es um die Verwendung kommerzieller, handelsüblicher Technologie und darum, die Übertragung eines großen Datennetzes aufrechtzuerhalten“, sagt Tony Celeste, Vertriebsleiter bei Brocade, dem Unternehmen, das die für den Rekordversuch verwendete Ausrüstung hergestellt hat.
Experimente für die Zukunft
Das Netz bringt aber auch auf andere Weise den Stand der Technik voran. Forscher haben damit virtuelle Netzwerkschaltungen namens „OSCARS“ erforscht, mit denen sich komplexe Netzwerke ohne aufwendige Hardwareänderungen aufbauen lassen. Und sie arbeiten an so genannten Netz-„DMZs“, die ungewöhnlich hohe Geschwindigkeiten erreichen können, indem sie die Sicherheit ohne herkömmliche Netz-Firewalls handhaben.
Diese Lösungen sind speziell für Netze konzipiert, in denen eine kleine Anzahl sehr großer Übertragungen stattfindet – im Gegensatz zum kommerziellen Internet, wo viele kleine Übertragungen stattfinden. Die kommerziellen Internet-Unternehmen können jedoch noch viel von ESnet lernen. Das Telekommunikationsunternehmen XO Communications verfügt bereits über ein 100-Gigabit-Backbone, und es ist zu erwarten, dass weitere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden.
Auch wenn wir in absehbarer Zeit keine 10-Gigabit-Verbindungen – geschweige denn 100-Gigabit-Verbindungen – zu Hause sehen werden, werden Internet-Backbones mit höherer Kapazität weniger Staus bedeuten, da immer mehr Menschen hochauflösende Videos übertragen und immer größere Dateien herunterladen. Und ESnet ist noch lange nicht am Ende. Laut Bell arbeitet die Organisation bereits an einem 400-Gigabit-Netz, und das langfristige Ziel ist ein Terabyte-pro-Sekunde-Netz, das etwa 100.000 Mal schneller ist als die heutigen Heimverbindungen. Das klingt nach Science Fiction.
Update 13:40 EST 06/17/14: Diese Meldung wurde aktualisiert, um klarzustellen, dass ESnet vom Energieministerium betrieben wird.
*Update 4:40 PM EST 06/17/14: Diese Meldung wurde aktualisiert, um Verwechslungen zwischen dem Produktionsnetz von ESnet und dem eher experimentellen Testnetz zu vermeiden. *