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rweisswald
Überfordern Sie Ihr Gehirn nicht, wenn Sie besser lernen wollen.
Haben Sie schon einmal an einem Kurs teilgenommen, bei dem der Trainer so schnell durch seinen Stoff ging, dass Sie kaum etwas gelernt haben? Oder war der Inhalt so komplex, dass er Sie völlig überfordert hat?
In diesem Artikel werden wir uns mit der Cognitive Load Theory (CLT) beschäftigen. Dabei handelt es sich um einen wissenschaftlichen Ansatz für die Gestaltung von Lernmaterialien, so dass die Informationen in einem Tempo und mit einer Komplexität präsentiert werden, die der Lernende vollständig verstehen kann.
Wie verarbeiten wir Informationen?
Die Theorie der kognitiven Beanspruchung baut auf dem weithin akzeptierten Modell der menschlichen Informationsverarbeitung auf, das in Abbildung 1 dargestellt ist (dieses Modell wurde 1968 von Richard Atkinson und Richard Shiffrin veröffentlicht)
Es beschreibt den Prozess mit drei Hauptteilen: sensorisches Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Seitdem haben viele Forscher unser Verständnis dieses Konzepts erweitert, aber das Grundmodell bleibt das gleiche.
Abbildung 1: Modell der Informationsverarbeitung
Abgeleitet von Atkinson, R.C. und Shiffrin, R.M. (1968). ‚Human memory: A Proposed System and its Control Processes‘. In Spence, K.W. und Spence, J.T. The psychology of learning and motivation, (Volume 2). New York: Academic Press. S. 89-195.
Alltäglich werden wir mit sensorischen Informationen bombardiert. Das sensorische Gedächtnis filtert die meisten dieser Informationen heraus, behält aber einen Eindruck der wichtigsten Elemente lange genug, um sie in das Arbeitsgedächtnis zu übertragen.
Wenn Sie beispielsweise beim Tennisspielen einen Volley zurückschlagen, verwirft Ihr sensorisches Gedächtnis Informationen über Spieler auf benachbarten Plätzen, das Geräusch von spielenden Kindern in der Nähe, den Geruch von Kaffee aus dem Parkcafé … und konzentriert sich nur auf den herannahenden Ball.
Informationen aus Ihrem sensorischen Gedächtnis gelangen in Ihr Arbeitsgedächtnis, wo sie entweder verarbeitet oder verworfen werden. Das Arbeitsgedächtnis kann im Allgemeinen zwischen fünf und neun Informationen (oder Informationsblöcke) gleichzeitig aufnehmen. Dies ist ein zentraler Punkt der Theorie der kognitiven Belastung, wie Sie noch sehen werden.
Wenn Ihr Gehirn Informationen verarbeitet, kategorisiert es diese Informationen und verschiebt sie in das Langzeitgedächtnis, wo sie in Wissensstrukturen, den so genannten „Schemata“, gespeichert werden. Diese ordnen die Informationen danach, wie Sie sie verwenden. So haben wir zum Beispiel Schemata für verschiedene Begriffe wie Hund, Katze, Säugetier und Tier.
Wir haben auch Verhaltensschemata für Handlungen wie das Schlagen eines Balls, Fahrradfahren, das Bestellen von Essen in einem Restaurant und so weiter. Je geübter Sie im Umgang mit diesen Schemata werden, desto müheloser werden diese Verhaltensweisen. Dies wird als „Automatisierung“ bezeichnet. Schemata sind auch für die Theorie der kognitiven Belastung von Bedeutung. Lassen Sie uns herausfinden, warum.
Was ist die Theorie der kognitiven Belastung?
Die Theorie der kognitiven Belastung wurde von John Sweller entwickelt. Er veröffentlichte 1988 eine Arbeit zu diesem Thema in der Zeitschrift Cognitive Science.
„Kognitive Belastung“ bezieht sich auf die Menge an Informationen, die das Arbeitsgedächtnis gleichzeitig aufnehmen kann. Da das Arbeitsgedächtnis nur über eine begrenzte Kapazität verfügt, sollten Lehrmethoden eine Überlastung mit zusätzlichen Aktivitäten, die nicht direkt zum Lernen beitragen, vermeiden.
Ein beschriftetes Diagramm zum Beispiel beansprucht das Arbeitsgedächtnis weniger als ein Diagramm, bei dem die Beschriftungen am Rand aufgelistet sind. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, wie Sie sich fühlen würden, wenn wir das Diagramm in Abbildung 1 so dargestellt hätten:
Abbildung 2: Modell der Informationsverarbeitung – mit Legende
Die Theorie der kognitiven Belastung zeigt uns auch, dass das Arbeitsgedächtnis auf zwei Arten erweitert werden kann. Erstens verarbeitet der Verstand visuelle und auditive Informationen getrennt. Auditive Elemente im Arbeitsgedächtnis konkurrieren nicht mit visuellen Elementen in der gleichen Weise, wie zwei visuelle Elemente, z. B. ein Bild und ein Text, miteinander konkurrieren.
Dies ist als „Modalitätseffekt“ bekannt. So haben zum Beispiel erklärende Informationen weniger Einfluss auf das Arbeitsgedächtnis, wenn sie erzählt werden, anstatt einem bereits komplexen Diagramm hinzugefügt zu werden.
Zweitens behandelt das Arbeitsgedächtnis ein etabliertes Schema als ein einzelnes Element, und ein stark geübtes „automatisches“ Schema zählt kaum. Lernaktivitäten, die auf vorhandenes Wissen zurückgreifen, erweitern also die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses.
Das bedeutet, dass das Vortraining, also das Vermitteln von Grundkenntnissen vor der Einführung eines komplexeren Themas, dazu beiträgt, dass die Teilnehmer Schemata aufbauen, die ihr Arbeitsgedächtnis erweitern; und das bedeutet dann, dass sie schwierigere Informationen verstehen und lernen können.
Anwendung der Theorie der kognitiven Belastung auf Training und Lernen
Die Theorie der kognitiven Belastung hilft Ihnen, ein Training zu konzipieren, das die Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis der Teilnehmer reduziert, so dass diese effektiver lernen. Sie können das Konzept der kognitiven Belastung auf verschiedene Weise auf Lernen und Training anwenden.
Messen Sie Ihr Fachwissen und passen Sie die Präsentation entsprechend an
Je mehr Fachwissen Sie in einem bestimmten Bereich entwickeln, desto mehr Informationen haben Sie in Ihren Schemata zur Verfügung. Denken Sie daran, dass es keine Rolle spielt, wie komplex ein Schema ist – es zählt als ein einziges Element in Ihrem Arbeitsgedächtnis.
Deshalb ist es eine gute Idee, Ihren Unterricht an den Wissensstand der Personen anzupassen, die Sie unterrichten. Führen Sie zu diesem Zweck eine Bedarfsanalyse durch oder bitten Sie die Lernenden zu beschreiben, wie vertraut sie mit dem Thema sind.
Nächstes Beispiel: Verwenden Sie Blooms Taxonomie der Bildungsziele, um sicherzustellen, dass Sie die Informationen auf dem richtigen Niveau für Ihre Lernenden präsentieren – was für Sie offensichtlich erscheint, ist für sie vielleicht überhaupt nicht offensichtlich.
Verringern Sie den Problemraum
Der „Problemraum“ ist die Lücke zwischen der aktuellen Situation und dem gewünschten Ziel. Ist diese zu groß, wird das Arbeitsgedächtnis überlastet.
Dies geschieht häufig bei komplexen Problemen, bei denen der Lernende vom Ziel zum aktuellen Zustand zurückarbeiten muss. Dazu muss er viele Informationen gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis speichern. Die Konzentration auf das Ziel lenkt auch die Aufmerksamkeit von den zu lernenden Informationen ab, was das Lernen weniger effektiv macht.
Ein besserer Ansatz ist es, das Problem in Teile zu zerlegen. Dadurch wird der Problemraum verkleinert und die kognitive Belastung verringert, was das Lernen effektiver macht.
Andere Methoden zur Verkleinerung des Problemraums sind das Bereitstellen von Arbeitsbeispielen und die Präsentation von Aufgaben mit Teillösungen, die der Lernende lösen soll. Diese Ansätze sind besonders nützlich, weil sie starke Problemlösestrategien in der Praxis demonstrieren.
Reduzierung des Split-Attention-Effekts
Wenn Sie mehrere visuelle Informationsquellen haben, wie Diagramme, Beschriftungen und erklärende Texte, wird Ihre Aufmerksamkeit zwischen ihnen aufgeteilt. Dies erhöht die kognitive Belastung und erschwert die Erstellung neuer Schemata.
Dieser Effekt wird verringert, wenn Sie visuelle Informationen integrieren. Integrieren Sie Beschriftungen in Diagramme (wie in Abbildung 1), anstatt sie in einem Kasten an der Seite zu platzieren, oder, falls dies nicht möglich ist, konzentrieren Sie sich zunächst auf einen Teil. Wenn die Lernenden z. B. bei der Arbeit mit einem Computerprogramm ein Handbuch verwenden müssen, lassen Sie ihnen Zeit, sich zunächst mit dem Text vertraut zu machen, bevor Sie das Programm vorstellen.
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Der Effekt der geteilten Aufmerksamkeit gilt auch für mehrere Quellen auditiver Informationen. Wenn Sie beispielsweise mit Lernenden über ein bestimmtes Thema sprechen, sollten Sie versuchen, alle störenden Geräuschquellen zu entfernen, z. B. andere Personen, die sich unterhalten, oder Musik, die im Hintergrund läuft.
Nutzen Sie auditive und visuelle Kanäle im Arbeitsgedächtnis
Eine weitere Möglichkeit, den Split-Attention-Effekt zu überwinden, besteht darin, einen Teil der visuellen Informationen durch auditive Informationen zu ersetzen. Auf diese Weise wird die kognitive Belastung des visuellen Arbeitsgedächtnisses reduziert, indem auch der auditive Kanal genutzt wird, der über einen eigenen Speicherplatz verfügt.
In einer Studie von Mayer und Moreno aus dem Jahr 1998 wurde beispielsweise festgestellt, dass Studenten am effektivsten lernten, wenn ihnen eine Animation gezeigt wurde, die von einer Erzählung begleitet wurde, anstatt dieselbe Animation mit zusätzlichem Text auf dem Bildschirm zu verwenden.
Sie können dies wiederholen, indem Sie die Aufmerksamkeit der Lernenden auf Teile eines Diagramms lenken, während Sie darüber sprechen.
Schlüsselpunkte
Die Theorie der kognitiven Beanspruchung (CLT) ist eine Theorie zur Unterrichtsgestaltung, die unsere „kognitive Architektur“ oder die Art und Weise, wie wir Informationen verarbeiten, widerspiegelt.
Beim Lernen müssen Informationen im Arbeitsgedächtnis gehalten werden, bis sie ausreichend verarbeitet wurden, um in das Langzeitgedächtnis zu gelangen. Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist sehr begrenzt. Wenn zu viele Informationen auf einmal präsentiert werden, wird es überfordert und ein Großteil der Informationen geht verloren.
CLT macht das Lernen effizienter, indem es Trainingsmethoden einsetzt, die dies widerspiegeln.
Zu diesen Methoden gehören:
- Messung der Fachkenntnisse und entsprechende Anpassung des Unterrichts.
- Verkleinerung des Problemraums durch Zerlegen von Problemen in Teile und durch Verwendung von teilweise abgeschlossenen Problemen und Arbeitsbeispielen.
- Verbinden Sie mehrere visuelle Informationsquellen, wann immer es möglich ist.
- Erweitern Sie die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, indem Sie sowohl visuelle als auch auditive Kanäle nutzen.